Vom Raumschiff ?Erde? und den Mühen konkreter Politik

Publikationsdatum: 08.01.16 15:49    Letzte Aktualisierung: 12.07.18 16:19

Editorial zum Online-Neuerscheinungsdienst "ÜBERDENTAELLERRAND" (NED) Dezember 2015

Von den TA-relevanten Neuerscheinungen der Deutschen Nationalbibliografie vom Dezember 2015 werden hier vier Titel herausgestellt. Das erste Buch nähert sich dem ?Anthropozän? sozialwissenschaftlich, das zweite stellt die 2030-Agenda für nachhaltige Entwicklung der UNO vor und kommentiert sie, das dritte setzt sich mit der Europäischen Bürgerinitiative (EBI) anhand eines konkreten Falls auseinander, nämlich über eine EBI das Menschenrecht auf Wasser auf europäischer Ebene zu verankern, und das vierte Buch widmet sich den Fällen, in denen Politikberatung als Kommunikationsberatung auftritt. Im Einzelnen:

Der Mensch im Anthropozän? Der von Arno Bammé herausgegebene Band, der auf ein Symposium zurückgeht, das im Mai 2014 in Bazon Brocks Berliner Haus der ?Denkerei? stattfand, nimmt für sich in Anspruch, erstmals einen dezidiert sozialwissenschaftlicher Zugang zum ?Anthropozän? erarbeitet zu haben. Im Inhaltstext heißt es dazu: ?Wenn vom Anthropozän in einem sozialwissenschaftlichen Sinne gesprochen wird, kann nur ein Soziotop als Weltgesellschaft gemeint sein, das sich heute auf dem Raumschiff ?Erde? zu konstituieren beginnt. Die Einheit dieser Weltgesellschaft wird durch Technologie hergestellt und sie wird technologisch geprägt sein.? Der Titel des Sammelbandes lautet: Schöpfer der zweiten Natur: Der Mensch im Anthropozän /// Inhaltsverzeichnis http://d-nb.info/1059139308/04

? Auch das zweite anzuzeigende Buch hat mit der Weltgesellschaft und dem Raumschiff ?Erde? zu tun. Walter Bückmann, geschäftsführender Vorsitzender der interdisziplinären Forschungs-Arbeitsgemeinschaft für Gesellschaft, Umwelt und Siedlung der TU Berlin, hat einen mit 114 Seiten relativ schmalen Band Die Vision der UNO für die Zukunft der Welt: die 2030-Agenda für nachhaltige Entwicklung vorgelegt. Die Agenda 2030, die im Kern eine zeitaktuelle Konkretisierung des Nachhaltigkeitsgedankens zum Gegenstand hat, ist danach das umfassendste Vorhaben, das sich die Vereinten Nationen seit der ersten Festlegung der Nachhaltigkeitsziele gesteckt hat. 17 neue Nachhaltigkeitsziele mit Unterzielen enthält die Agenda 2030, die das Leitbild der Nachhaltigkeit konkretisieren sollen. Allerdings, so Bückmann, ist anzunehmen, dass es sich bei der Liste der Nachhaltigkeitsziele um nicht mehr als eine konkretisierte Utopie handelt. Nach seiner Einschätzung werden die neuen Nachhaltigkeitsziele und die Post-2015-Agenda insgesamt dem Nachhaltigkeitsprinzip nicht gerecht, das zwingend einen Nutzungsverzicht in der Gegenwart zur Sicherstellung der zukünftigen Nutzung der Ressourcen erforderte (vgl. S. 9f). Die Ausarbeitung ist konzis, gut strukturiert und dürfte die Debatte um die richtige politische Strategie zur Erreichung nachhaltiger Entwicklung beleben  /// Inhaltsverzeichnis: http://d-nb.info/1078910979/04. Der Band ist online kostenlos erhältlich unter der Adresse: https://depositonce.tu-berlin.de/bitstream/11303/4905/1/bueckmann_walter.pdf

? Politische Beteiligung in unterschiedlichen Formen und mittels verschiedener politischer Instrumente hat die TA immer wieder interessiert. In dem Kontext ist auch die Europäische Bürgerinitiative (EBI) zu sehen, zu der Jakob Luger vom Österreichischer Gewerkschaftsbund eine Fallstudie mit dem Titel Ein neues Werkzeug: die Europäische Bürgerinitiative am Fallbeispiel von ?right2water? vorgelegt hat. 2012 hatte der Europäische Gewerkschaftsbund für den Öffentlichen Dienst (EGÖD) in einem gemeinsamen Bündnis mit anderen Gewerkschaften und Nichtregierungsorganisationen die EBI "right2water" lanciert. Dabei ging es darum, das Menschenrecht auf Wasser auf europäischer Ebene zu verankern. In der Studie wird nun gefragt, welches Partizipationspotenzial die Europäische Bürgerinitiative hat, und inwiefern die Teilhabechancen bei "rigth2water" genützt wurden. Gefragt wird auch, wie die "Europäische Bürgerinitiative" weiterentwickelt werden könnte (vgl. Verlagsankündigung). /// Inhaltsverzeichnis http://d-nb.info/107483643x/04

? In der Schriftenreihe Politische Bildung der Konrad-Adenauer-Stiftung haben Robert Grünewald und Marcus Optendrenk den Band Kommunikationsberatung als Politikberatung herausgegeben. Robert Grünewald ist Mitarbeiter der Konrad-Adenauer-Stiftung und Marcus Optendrenk promovierter Historiker und Abgeordneter im Landtag NRW. Der Band greift die Frage, inwieweit Politikberatung Kommunikationsberatung ist und in welchen Formen sie auftritt praxisnah auf. Stichworte aus dem Zusammenhang sind etwa Kommunikationsmanagement, Kommunikationsstrategien, Kommunikationscoaching, Reputationsmanagement, Political Nudging, Lobbying, E-Participation und Netzdebatten. Aber die Beiträge sind praxisnäher als diese abstrakten Konzepte vermuten lassen, wie die Beiträge zu TTIP vielleicht deutlich machen können: ?Politischer Mainstream in Netzdebatten am Beispiel TTIP - eine Analyseanleitung? und ?Priming und Framing als Kommunikationsstrategien für den politischen Entscheidungs- und Willensbildungsprozess am Beispiel TTIP ? eine Handlungsanleitung?. Die Perspektive einer Politikberatung als Kommunikationsberatung ist auch für die politikberatende TA interessant, und sei es auch nur als Kontrastfolie /// Inhaltsverzeichnis http://d-nb.info/1078459924/04

 

 

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