Mal wieder über die Zukunft: der Energie, von Natur und Technik, von Volkszählungen ? und des openTA-Neuerscheinungsdienstes
Editorial zum openTA-Neuerscheinungsdienst, Ausgabe Februar 2016
Diese Monatsausgabe des openTA-Neuerscheinungsdienstes ?über den TAellerrand? erscheint etwas verspätet. Das liegt daran, dass Knud Böhle Ende Februar in den, wie man so schön sagt, wohlverdienten Ruhestand getreten ist. Knud Böhle, langjähriger wissenschaftlicher Mitarbeiter des ITAS, war der Inspirator, Organisator und Kurator dieses allseits beliebten Neuerscheinungsdienstes (kurz NED) mit TA-relevanter Literatur.
Zur Erinnerung: Die monatlich zusammengestellten etwa 20 Monographien und Sammelbände entstammen der Deutschen Nationalbibliografie. Ein automatischer Suchlauf filtert zum Monatsanfang etwa 200 neue Titel in den Redaktionsbereich des openTA-Neuerscheinungsdienstes. Daraus werden etwa 10 Prozent als relevant ausgewählt und in eine Sachkategorie eingeordnet. Das ist die redaktionell-intellektuelle Leistung, die Knud Böhle seit Erscheinen des ersten NED-Prototyps im Juni 2014 geleistet hat. Dazu schrieb Böhle zu jeder Monatsausgabe des NED im openTA-Blog ein lesenswertes Editorial, in dem einige der ausgewählten Bücher in besonderer Weise herausgestellt wurden. Wenn auch Abrufzahlen nicht überbewertet werden sollten, so kann man doch feststellen, dass Knuds NED-Editorials einige hundert- bis einige tausendmal abgerufen wurden.
Für dieses vorbildliche Netzwerk-Engagement darf ich, vermutlich im Namen aller, die den NED zu schätzen gelernt haben, Knud Böhle ein herzliches Dankeschön aussprechen.
Ob der Neuerscheinungsdienst weitergeführt werden kann, ist nach dem Ausscheiden von Knud Böhle eine offene Frage. openTA ist ein Netzwerkprojekt und verfügt über keine eigenen redaktionellen Kapazitäten. Die meisten Inhalte (Nachrichten, Publikationen, Termine) werden von institutionellen Mitgliedern des NTA automatisiert bereitgestellt. Außerdem betreuen Mitglieder der AG IuK des NTA auf freiwilliger Basis z.B. die NTA-E-Mailliste oder die Mitgliederdatenbank.
Der Neuerscheinungsdienst braucht dieses Engagement aus dem NTA, damit er fortgeführt werden kann. Drei, vier oder fünf Personen sollten sich doch finden lassen, um diese interessante, zeitlich begrenzte Aufgabe zu übernehmen. Wenn mehrere Personen sich diese Aufgabe teilen, wird der Aufwand für jeden Einzelnen sehr überschaubar.
Melden Sie sich, wenn Sie sich für den NED engagieren oder noch offene Fragen einer Mitwirkung klären wollen.
Doch nun dazu, was im Monat Februar an neuen Büchern im Netz hängen geblieben ist. Von 251 automatisch selektierten Titeln habe ich 23 ausgewählt. Diese umfassen eine breite Themenpalette von der Autoindustrie über Cyborgs und Cyber Security, Dematerialisierung, Energietechnologien, Innovation, Nachhaltigkeitsforschung, Partizipation, Tierethik, Volkszählungen bis zu Waffentechnologien, um nur einige Themen zu nennen. Vier Titel seien besonders herausgestellt.
Als ?Prolegomena Philosophie, Natur und Technik? wird der erste Band der Reihe ?Philosophie, Naturwissenschaft und Technik? tituliert. Sie wird herausgegeben vom Arbeitskreis philosophierender Ingenieure und Naturwissenschaftler (APHIN e.V.). In diesem Tagungsband wird u.a. der Frage nachgegangen, ob Ingenieure und Naturwissenschaftler eine Ethik brauchen oder ob bereits moralisches Handeln ausreiche (Torsten Nieland). Miriam Ommeln schreibt über die Ethik des Kopierens und die Philosophie des Transhumanismus und Jürgen H. Franz ernennt posthum den Philosophen, Mathematiker und Humanisten Nikolaus von Kues (Cusanus) zum Technikphilosophen.
Eine angesichts der Debatte um Big Data wahrscheinlich spannende technikhistorische Arbeit stammt von Kerstin Brückweh, die sich damit an der Eberhard Karls Universität Tübingen habilitiert hatte. Sie befasst sich unter dem Titel ?Menschen zählen? mit der Wissensproduktion durch britische Volkszählungen und Umfragen vom 19. Jahrhundert bis ins digitale Zeitalter. Der Verlag schreibt dazu u.a.: ?Gesellschaften und ihre Herrschaftsapparate nutzten je nach Epoche und Kontext verschiedene Methoden der Selbstbeobachtung. Im Rahmen der Verwissenschaftlichung des Sozialen entwickelten sich Umfragen ab dem 19. Jahrhundert zum wichtigen Instrument der Produktion von Wissen über die Bevölkerung. ... Diese Geschichte sozialwissenschaftlicher Methoden führt ins Zentrum gegenwärtiger Debatten um Big Data und die Herausforderungen des digitalen Zeitalters. Denn die Idee, dass Menschen und Gesellschaften nichts weiter als die Summe ihrer Daten seien, ist im Kern in der über 200-jährigen Methodengeschichte von Umfragen und Volkszählungen angelegt.?
Was können wir über die Zukunft wissen? Immer nur das, was uns heute zugänglich ist. ?Die Zukunft fotografieren? klingt deshalb verwegen. Fünf deutsche und fünf russische Fotografinnen und Fotografen haben Bilder am Computer konstruiert oder gebaute Modelle fotografiert, um utopische und dystopische Orte und Landschaften zu schaffen, die in einer Ausstellung im Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg zu sehen waren. Nun ist der Katalog hierzu erschienen.
Die Energiefrage wird uns so schnell nicht verlassen. Da kann ein umfangreiches Handbuch mit dem Titel ?Innovative Energietechnologien für die Zukunft: Erzeugung, Speicherung, Effizienz und Netze? die eine oder andere Orientierung und Hilfestellung geben. Das fast 500 Seiten umfassende Werk beginnt mit Szenarien und ?robusten Trends?, behandelt unterschiedliche Kraftwerkstechniken, inkl. die umstrittene CCS-Abscheidetechnik, sowie Techniken der erneuerbaren Energieerzeugung. Auch die Themen Energiespeicher und Energienetze werden nicht ausgeklammert. Weitere Kapitel widmen sich der Elektromobilität und Effizienztechnologien.
Lob und Tadel, Wünsche und Kritik können Sie hier gleich kommentieren.
Auf jeden Fall aber: Schöne Ostertage!
Foto: Jochen Stablein (FZK) 1991
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