Was wäre, wenn wir für jede Klimaschutzmaßnahme im Alltag belohnt würden? Wie könnten angemessene Belohnungen aussehen und wären sie überhaupt wünschenswert? Diese Fragen standen am 14. Oktober 2023 im Mittelpunkt beim Dialog mit Bürgerinnen und Bürgern.
Wer kennt das nicht: Man plant eine Reise und stellt fest, dass das Flugzeug wieder einmal günstiger ist als die Bahn. Oder man interessiert sich dafür, eine Solaranlage auf dem Dach zu installieren, weiß aber weder, worauf man genau achten muss, noch, wer einem unkompliziert unterstützen könnte. Vor diesem Hintergrund wirkt Klimaschutz nicht besonders attraktiv. Was wäre aber nun, wenn wir im Alltag für jede Klimaschutzmaßnahme belohnt würden? Wie könnten solche Anreize aussehen und wäre dies überhaupt wünschenswert für unsere Gesellschaft?
Mit dieser Frage beschäftigten sich über 30 Teilnehmende unterschiedlicher Altersgruppen am Samstagnachmittag des 14. Oktobers 2023, beim Dialog mit Bürgerinnen und Bürgern. Gemeinsam mit Forschenden nahmen sie vielfältige Herausforderungen rund um den Klimaschutz und die Rolle, die das KIT dabei spielen soll, in den Blick. Ort des Geschehens waren die Räumlichkeiten der „TRIANGEL“ am Kronenplatz, in denen Wissenschaft, Kultur und Wissenstransfer zusammengedacht werden.
Eines der Highlights der Science Week
Die Veranstaltung war eines der Highlights der diesjährigen Science Week am KIT. Vor diesem Hintergrund war auch das Präsidium des KIT mit Professorin Kora Kristof (Vizepräsidentin Digitalisierung und Nachhaltigkeit) und Professor Oliver Kraft (Vizepräsident Forschung und vertretungsweise Präsident des KIT) anwesend. Der Ablauf und die inhaltliche Ausgestaltung wurden vom Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS) erarbeitet. Der Austausch zwischen Wissenschaft und Gesellschaft wird am ITAS jährlich organisiert und die damit einhergehenden Wirkungen langfristig forscherisch begleitet.
Gleich zu Beginn des Nachmittags wurden die Teilnehmenden eingeladen, Ihre „Lieblingsmaßnahmen“ zum Klimaschutz zu verschriftlichen, die sie zum einen bereits praktizieren und zum anderen gerne zukünftig stärker in den Blick nehmen möchten. Die Spanne reichte hier von veganen Ernährungsgewohnheiten, über die Nutzung des Fahrrads und öffentlicher Verkehrsmittel, bis hin zu weniger Plastikmüll und der Förderung von städtischen Grünflächen.
Einstimmung mit „lebendiger Statistik“
Anschließend wurden die Anwesenden von der stellvertretenden Institutsleiterin des ITAS, Constanze Scherz, und Prof. Kraft begrüßt. Bevor es in den tiefergehenden Austausch ging, bildeten die Bürgerinnen und Bürger eine sogenannte „lebendige Statistik“. Nachhaltigkeitsforscher Dr. Oliver Parodi stellte unterschiedliche Statements vor und bat die Anwesenden darum, sich entsprechend ihrer Einschätzung im Raum zu positionieren. Beispielsweise wurde gefragt, welche Rolle Klimaschutz für persönliche Handlungsweisen im Alltag spielt. Die Bürgerinnen und Bürger verorteten sich dann entlang einer Linie von „sehr wichtig“ bis „gar nicht wichtig“.
Nach einer kurzen Einführung in den Ablauf von Marius Albiez ging es dann an die Diskussionstische. Es wurden vier Diskussionsfragen angeboten:
1. Welche Anreize würden Sie überzeugen, klimafreundlicher zu reisen?
2. Welche Anreize müssten gegeben sein, damit Sie sich mit erneuerbaren Technologien befassen und diese einsetzen?
3. Welche Anreize müssten gegeben sein, damit Sie die Heizung nach unten drehen?
4. Worin besteht der Anreiz von visuellen Darstellungen?
Zu Beginn einer jeden Diskussionsrunde gab es einen kurzen Input aus Forschung oder Praxis. So erläuterte Marius Albiez beispielsweise die Relevanz von Dienstreisen für den Klimaschutz und griff dabei unter anderem auf Arbeiten aus dem „Karlsruher Reallabor Nachhaltiger Klimaschutz“ zurück. Anschließend wurden die Diskutantinnen und Diskutanten gebeten, Ihre Gedanken zur jeweiligen Fragestellung zu notieren und vorzustellen. Als Herzstück folgte dann der intensive Austausch zwischen den Beteiligten. Dabei kamen auch persönliche Geschichten aus dem Alltag nicht zu kurz, insbesondere wenn es um ganz praktische Themen wie Heizen oder die Nutzung von Bahn und Flugzeug ging.
Ideen für Anreize zum Klimaschutz und die Forschungsagenda des KIT
Auf dieser Grundlage wurde eine Fülle an Anreizen und Hürden für den Klimaschutz erarbeitet, die von den Moderierenden aus der Forschung visuell festgehalten wurden. Im Zuge der Diskussionen wurden ganz unterschiedliche Aspekte angesprochen. Debatten rund um Subventionen für die Anschaffung klimafreundlicher Verkehrsmittel wurden ebenso in den Blick genommen, wie die Berücksichtigung von Umweltauswirkungen auf den Ticketpreis oder die Vorzüge langer Zugfahrten, bei denen während der Reisezeit persönliche oder dienstliche Aufgaben erledigt werden können.
Zum Abschluss einer jeden Diskussionsrunde wurden aus dem Strauß an Ideen und Impulsen Forschungsthemen herausgearbeitet, mit denen sich das KIT zukünftig eingehender beschäftigen sollte. Nach einer halbstündigen Pause, bei der sich die Anwesenden bei Kaffee und Kuchen stärken konnten, wurde eine zweite Diskussionsrunde durchgeführt. Für diesen Durchgang konnten die Teilnehmenden die Tische frei wählen und sich ihr Wunschthema aussuchen. In beiden Runden gelang es den Moderierenden, für eine wertschätzende und respektvolle Gesprächsatmosphäre zu sorgen, auch dann, wenn es hoch her ging und sehr emotional argumentiert wurde.
Botschafterinnen und Botschafter als Brücke zwischen Forschung und Gesellschaft
Eine Besonderheit waren die anwesenden Bürgerbotschafterinnen und Bürgerbotschafter. Hierbei handelte es sich um Personen aus der Bürgerschaft, die eingeladen wurden, bereits im Vorfeld tiefere Einblicke in die Science Week zu erhalten und ihre Eindrücke in die Dialogveranstaltung mitzunehmen. So besuchten diese Podiumsdiskussionen oder den Climate Slam, tauschten sich mit einzelnen Forschenden zu Fragen der Energieversorgung, des Trinkwassers sowie der nachhaltigen Stadtentwicklung aus oder warfen einen Blick in die „offenen Labore“ des KIT. Auf diese Weise fungierten die Botschafterinnen und Botschafter als Brücke zwischen Forschung und Gesellschaft sowie zwischen Science Week und Dialogveranstaltung.
Übergabe an das KIT-Präsidium
Ebenjene Botschafterinnen und Botschafter übergaben schließlich im letzten Teil der Veranstaltung die erarbeiteten Forschungsthemen an Prof. Kristof. Besonders beeindruckend war dabei die Vielfalt an Ideen. So wurde beispielsweise vorgeschlagen, ein digitales Abbild von Karlsruhe zu entwerfen, in dem der Klimawandel, dessen Folgen und auch die Wirkungen von Maßnahmen dynamisch abgebildet werden können. Oder es wurde angeregt, die jeweiligen Anreize und Fehlanreize bei der Nutzung unterschiedlicher Verkehrsmittel weiter zu systematisieren und auf dieser Grundlage ,Ausgleichmaßnahmen‘ zu erarbeiten: Welcher Anreiz müsste bspw. bei der Bahn hinzugefügt werden (z.B. monetär oder Komfort), damit der Autofahrende zum Bahnreisenden wird?
Die Ergebnisse der Dialogveranstaltung werden gleich auf mehrere Weise weiterverfolgt. Zum einen werden sie innerhalb des KIT-Präsidiums diskutiert. Zum anderen sollen sie in die bereits vorhandene Forschungspraxis fließen. Mögliche Verbindungen könnten Projektaktivitäten rund um „Solarenergie und Gemeinschaft“ sein, die Reallaborforschung am KIT oder Forschungsbemühungen rund um die „Zukunftskompetenzen von Kindern und Jugendlichen “.
Dieser Beitrag erschien zuerst auf der Seite des ITAS
Bildquellen: Amadeus Bramsiepe / KIT
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